Systematik und Prüfung Tötungsdelikte

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Systematik und Prüfung Tötungsdelikte by Mind Map: Systematik und Prüfung Tötungsdelikte

1. Mord, § 211 StGB

1.1. nach Lit. Qualifikation zu § 212 StGB

1.2. objektive (sog. tatbezogene) Mordmerkmale (2. Gruppe)

1.2.1. Prüfungsstandort: objektiver Tatbestand

1.2.1.1. Heimtücke

1.2.1.1.1. heimtückisch tötet, wer die Arg- und Wehrlosigkeit in feindlicher Willensrichtung ausnutzt

1.2.1.1.2. subjektiv muss der Täter die äußeren Umstände der Arg- und Wehrlosigkeit erkennen und sich der Überraschungswirkung seines Tötungsangriffs bewusst gewesen sein (Ausnutzungsbewusstsein)

1.2.1.1.3. Problem: Restriktionen

1.2.1.2. grausam

1.2.1.2.1. grausam tötet, wer dem Opfer besonders starke Schmerzen oder Qualen körperlicher oder seelischer Art aus gefühlloser, unbarmherziger Gesinnung zufügt

1.2.1.2.2. subjektiv erforderlich ist eine gefühllose und unbarmherzige Gesinnung bei der Tat

1.2.1.3. gemeingefährlich

1.2.1.3.1. gemeingefährlich sind solche Tötungsmittel, deren Wirkung auf Leib oder Leben mehrerer oder vieler Menschen der Täter nicht beherrscht, weil er in der konkreten Situation die Ausdehnung der Gefahr nicht kontrollieren kann

1.2.1.3.2. subjektiv erforderlich ist das Erkennen der gemeingefährlichen Wirkungsweise

1.3. subjektive (sog. täterbezogene) Mordmerkmale (Motivmerkmale der 1. / Absichtsmerkmale der 3. Gruppe)

1.3.1. Prüfungsstandort: subjektiver Tatbestand (nach dem Vorsatz!)

1.3.1.1. Absicht, eine andere Straftat zu ermöglichen (Ermöglichungsabsicht)

1.3.1.1.1. Ermöglichungsziel

1.3.1.1.2. trotz Absichtsmerkmal kann dolus eventualis ausreichend sein, wenn nicht der Tod des Opfers, sondern die zur Tötung geeignete Handlung Ermöglichungsmittel ist

1.3.1.2. Absicht, eine andere Straftat zu verdecken (Verdeckungsabsicht)

1.3.1.2.1. Verdeckungsziel

1.3.1.2.2. trotz Absichtsmerkmal kann dolus eventualis ausreichend sein

1.3.1.2.3. Problem: Restriktionen

1.3.1.3. Mordlust

1.3.1.4. zur Befriedigung des Geschlechtstriebs

1.3.1.5. Habgier

1.3.1.5.1. durch ungehemmte Eigensucht übersteigertes Streben nach materiellen Gütern oder Vorteilen

1.3.1.6. sonst aus niedrigen Beweggründen

1.3.1.6.1. niedrig sind Beweggründe, die nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen, weil sie durch hemmungslose, triebhafte Eigensucht bestimmt sind oder deshalb verachtenswert sind

2. Fahrlässige Tötung, § 222 StGB

3. Verhältnis der Tötungsdelikte zueinander und Auswirkung auf die Strafbarkeit von Beteiligten

3.1. Rspr.

3.1.1. §§ 211, 212 StGB sind eigenständige Delikte mit unterschiedlichem Unrechtsgehalt; § 216 StGB ist ebenfalls eigenständiges Delikt, bei dessen Vorliegen die §§ 211, 212 StGB allerdings ausgeschlossen sind

3.1.1.1. Mordmerkmale sind somit strafbarkeitsbegründend; auch die Motivierung durch das Tötungsverlangen (§ 216 StGB) ist strafbarkeitsbegründend

3.1.1.1.1. somit greift § 28 Abs. 1 StGB für Teilnehmer ein, weil die täterbezogenen Mordmerkmale der 1. / 3. Gruppe (bzw. die Motivation durch das Tötungsverlangen i. R. v. § 216 StGB) strafbegründende besondere persönliche Merkmale sind

3.2. Lit.

3.2.1. § 212 Abs. 1 StGB ist Grundtatbestand der Tötung, § 211 Abs. 2 StGB ist Qualifikation, § 216 StGB Privilegierung zu § 212 Abs. 1 StGB

3.2.1.1. Mordmerkmale sind ggü. § 212 Abs. 1 StGB strafschärfend, die Motivierung durch das Tötungsverlangen (§ 216 StGB) ist strafmildernd

3.2.1.1.1. somit greift § 28 Abs. 2 StGB für Täter und Teilnehmer ein, weil die täterbezogenen Mordmerkmale der 1. / 3. Gruppe (bzw. die Motivation durch das Tötungsverlangen i. R. v. § 216 StGB) strafändernde (strafschärfende bzw. strafmildernde) besondere persönliche Merkmale sind

3.3. Fall

4. Konkurrenzen bei den Tötungsdelikten

4.1. § 212 Abs. 1 StGB

5. Totschlag, § 212 StGB

5.1. nach Lit. Grundtatbestand der Tötungsdelikte

5.2. Problem: Mitwirkung an einer Selbsttötung

5.2.1. Abgrenzungskriterium: Tatherrschaft über den letzten Akt ("Ausführungsherrschaft")

5.2.1.1. Beteiligung an einem freiverantwortlichen Suizid

5.2.1.1.1. Selbsttötung (freiverantwortlicher Suizid) ist nicht tatbestandsmäßig, so dass es an der vorsätzlichen rechtswidrigen Tat fehlt; die Beteiligung an einem Suizid ist daher straflos!

5.2.1.1.2. liegt die Ausführungsherrschaft beim Sterbewilligen (weil dieser nach Abschluss der Mitwirkungshandlung die Entscheidung über Leben und Tod behält, straflose Beteiligung

5.2.1.2. unmittelbar täterschaftliche Fremdtötung

5.2.1.2.1. kann sich der Sterbewillige nach Abschluss der Handlung (des anderen) der "tödlichen Wirkung" nicht (mehr) entziehen, aktive Fremdtötung

5.2.2. Problem: Tatherrschaftswechsel

5.2.2.1. Situation: nach der Selbsttötungshandlung wird der Sterbewillige bewusstlos; der Mitwirkende lässt nun aber die Möglichkeit ungenutzt, den Tod des Sterbewilligen (durch aktives Handeln) zu verhindern

5.2.2.1.1. Lit.: Garant bleibt straflos! Auch vor dem Hintergrund eines Tatherrschaftswechsels muss der Mitwirkende straflos bleiben, da andernfalls die Entscheidung des Gesetzgebers , die Beteilung am Suizid nicht unter Strafe zu stellen, unterlaufen würde

5.2.2.1.2. Rspr.: Tötung durch Unterlassen, Strafbarkeit folgt aus § 216 StGB!

5.2.3. Problem: Ist die Selbsttötung freiverantwortlich?

5.2.3.1. Freiverantwortlichkeit bestimmt sich ...

5.2.3.1.1. nach e. A.: nach den Regeln strafrechtlicher Verantwortung

5.2.3.1.2. nach a. A.: nach den Regeln der rechtfertigenden Einwilligung (§ 216 StGB)

5.3. Problem: Behandlungsabbruch

6. Tötung auf Verlangen, § 216 StGB

6.1. nach der Lit. Privilegierung zum Grundtatbestand des § 212 StGB

6.2. Sperrwirkung“ ggü. §§ 212, 211 StGB, wenn § 216 StGB verwirklicht ist

6.3. Problem: Vorsatz muss sich auf das ernstliche und ausdrückliche Verlangen beziehen. In diesem Zusammenhang sind Irrtümer möglich

6.3.1. Verlangen liegt tatsächlich vor, Täter kennt es aber nicht

6.3.1.1. es fehlt bereits das objektive Tatbestandsmerkmal "Bestimmen"

6.3.2. Verlangen liegt objektiv nicht vor, Täter geht aber irrig davon aus, es läge vor und ist auch aufgrund des angenommenen Verlangens zur Tat bestimmt worden

6.3.2.1. § 216 Abs. 1 StGB (-), § 212 Abs. 1 StGB prüfen

6.3.2.1.1. da der Handlungsunwert gemindert ist, greift § 16 Abs. 2 StGB, wonach der Täter nur nach § 216 Abs. 1 StGB zu bestrafen ist, auch wenn § 212 StGB verwirklicht ist. § 16 Abs. 2 wird im Vorsatz geprüft, nachdem der Irrtum des Täters erörtert wurde.

6.4. Problem: Konkurrenzen

6.4.1. Sperrwirkung ggü. §§ 212 Abs. 1, 211 Abs. 2 StGB

6.4.2. §§ 223 ff. StGB treten im Wege materieller Subsidiarität zurück

6.4.3. Problem: Tötung nur versucht, Körperverletzung aber vollendet

6.4.3.1. zu § 223 Abs. 1 StGB: § 52 StGB

6.4.3.2. ggü. §§ 224 Abs. 1, 226 StGB: Sperrwirkung

7. geschütztes Rechtsgut: Leben

7.1. Strafrechtlicher Lebensschutz

7.1.1. ab Befruchtung

7.1.1.1. strafrechtlicher Schutz von Embryonen (außerhalb ! des Mutterleibes!)

7.1.1.1.1. Embryonenschutzgesetz

7.1.2. Abschluss der Einnistung

7.1.2.1. strafrechtlicher Schutz der Leibesfrucht

7.1.2.1.1. vorsätzliche Gefährdung

7.1.2.1.2. vorsätzliche Tötung

7.1.3. Beginn der Eröffnungswehen

7.1.3.1. strafrechtlicher Schutz des (lebenden) Menschen

7.1.3.1.1. vorsätzliche Gefährdung

7.1.3.1.2. vorsätzliche Tötung

7.1.3.1.3. fahrlässige Tötung

7.1.4. Gesamthirntod

7.1.4.1. postmortaler strafrechtlicher Schutz

7.1.4.1.1. Transplantationsgesetz

7.1.4.1.2. § 168 StGB

7.1.4.1.3. § 189 StGB