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Matthias Lücke (per E-Mail):

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Wir können ja mal ein Standard-Modell unterstellen - etwa wie die berechenbaren allgemeinen Gleichgewichtsmodelle (= Simulationsmodelle), die für die Analyse von Handelspolitik u.Ä. gern genommen werden.

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In einer geschlossenen Volkswirtschaft (also ohne Exporte und Abwanderung von Firmen) und bei Vollbeschäftigung (wer nicht arbeitet, verhungert - also durchaus realistisch) sind als Reaktion auf einen politisch gesetzten Mindestlohn im Bekleidungssektor drei Effekte zu erwarten:

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(i) In der Bekleidungsindustrie werden Arbeitskräfte durch Maschinen ersetzt. Das geht in der Bekleidungsindustrie nur in Grenzen, weil Roboter nicht nähen können. Aber selbst dort gibt es Hilfstätigkeiten (Verpacken etc.), wo Maschinen Menschen ersetzen können. Wenn wir die Textilindustrie anschauen (Spinnerei, Weberei, Maschenware, Heimtextilien), gibt es noch viel mehr Möglichkeiten für Maschineneinsatz.

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(ii) Bekleidung wird teurer, deshalb kaufen Konsumenten weniger Bekleidung (und die Nachfrage nach relativ hoch bezahlten Arbeitskräften in der Bekleidungsindustrie sinkt weiter).

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(iii) Die Arbeitskräfte, die zum höheren Mindestlohn in der Textilindustrie nicht mehr beschäftigt werden, drängen in andere Sektoren (sonst würden sie verhungern), dort sinken die Löhne und letztlich die Güterpreise.

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In einer offenen Volkswirtschaft würden wir erwarten:

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(i) wie oben

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(ii) Steigende Preise ab Fabrik können dazu führen, dass die internationalen Kunden abwandern. Dass Bangladesh vielleicht weltweit die niedrigsten Löhne hat, verhindert das nicht. Obwohl die Löhne in China und Indien und Thailand vermutlich um eine Mehrfaches höher sind, sind auch diese Länder erfolgreiche Exporteure - es sind dort halt andere Kosten niedriger als in Bangladesh (Transport, öffentliche Dienstleistungen usw.). Die Firmen würden also entweder in Länder mit höheren Löhnen, aber niedrigeren sonstigen Kosten weiter ziehen (oder in China aufs flache Land) - oder in Länder mit ebenfalls niedrigen Löhnen, von denen es schon noch einige gibt (Kambodscha, Laos, vielleicht Vietnam).

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(iii) wie oben

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Was folgt daraus? Das Ziel sollte eigentlich sein, die Arbeitsproduktivität zu erhöhen und andere unnötige Kosten zu senken (weniger korrupte Verwaltung, bessere öffentliche Dienstleistungen etc.) - dann könnten die Exporte weiter steigen und irgendwann würde ganz natürlich die steigende Nachfrage nach Arbeitskräften zu marktgerechten höheren Löhnen führen.

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Wie groß sind die Effekte (i) und (ii)? Das ist natürlich schwer konkret zu sagen. Wenn selbst Walmart angeblich einen höheren Mindestlohn fordert, sind die Effekte vielleicht nicht groß, so lange der Mindestlohn in einem vernünftigen Rahmen bleibt. Oder die Arbeitsproduktivität lässt sich mit ein wenig Überlegung und ohne großen Aufwand so steigern, dass die Näherinnen vielleicht €40 im Monat verdienen könnten statt €30 und die Preise ab Fabrik trotzdem nicht wesentlich steigen müssen (und bei weiter steigender Exportnachfrage können weiterhin alle Näherinnen beschäftigt werden). Bloß hat noch keiner über die Arbeitsproduktivität nachgedacht, weil Arbeitskräfte ja so billig sind.

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Anmerkungen Gisela Burckhardt:

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ad i) In der Konfektion kann man die menschliche Arbeitskraft nur begrenzt durch Maschinen ersetzen, dagegen sind Spinnereien z.B. schon viel stärker automatisiert.\nad ii) die Argumentation finde ich nicht plausibel. Ich sagte Ihnen ja, dass Bangladesch seine Löhne fast verdoppeln könnte und immer noch weltweit am niedrigsten läge. Da wandern die Unternehmen nicht ab, die Vorteile in anderen Bereichen (Transport etc.) gleichen das nicht aus. Obwohl Bd. im Bereich Transport, regelmäßige Stromzufuhr, etc. Nachteile hat gegenüber anderen Ländern, lassen alle großen Unternehmen dort wegen der niedrigen Lohnkosten produzieren.\nad iii) was für eine These! Die Menschen können oft nicht in andere Arbeitssektoren abwandern, da es keine gibt! Finde ich eine sehr theoretisch-akademische Argumentation von jemandem, der die Situation vor Ort offenbar nicht kennt. Die Menschen verhungern nämlich tatsächlich.\n\nAlso mein Standpunkt: Höhere Löhne führen nicht zur Abwanderung der Arbeitsplätze generell, für Bangladesch trifft dies nicht zu, weil die Löhne einfach niedriger sind als sonst irgendwo und zwar mit Abstand, so dass eine Lohnerhöhung keine Abwanderung in ein billigeres Land zur Folge hat, weil es eben kein billigeres Land gibt.\n\nZum Thema Ausbeutung: Die Definition von Powel kann ich nicht akzeptieren. Arbeitsstunden in der Textilindustrie: von 8-20 Uhr ist eher seltener, oft bis 22 Uhr, dazu an 7 Tagen in der Woche, also kein freier Tag pro Woche, sie kommen manchmal gut und gerne auf 100-120 Stunden pro Woche. Diskriminierung der Frauen fehlt, überhaupt dass 80% der Beschäftigten Frauen sind, wird nirgendwo erwähnt.\n\nArbeitskosten liegen bei 0,5 - 1 % des Endverkaufspreises bei Markenwaren, nur bei Discountern liegen sie bei ca. 2 %. Wieder hier wehre ich mich gegen das Argument höhere Löhne, Verlust von Arbeitsplätzen.\n

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Billig-Textilien made in Bangladesh sollte man gar nicht erst kaufen!