Jennifer Bauer (Entwicklungspsychologie)

Vertiefungsübung Lern- und Instruktionspsychologie, Entwicklungspsychologie und Psychologische Diagnostik WS23/24 - Gruppe: MO, 10:00 -10:10 Uhr I

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Jennifer Bauer (Entwicklungspsychologie) von Mind Map: Jennifer Bauer (Entwicklungspsychologie)

1. kognitive Entwicklung

1.1. Wissen

1.1.1. Große Lücken im Grundwissen [Z. 21]

1.1.1.1. Normalerweise: Leichtere Organisation & bessere Speicherung durch Zunahme des gespeicherten Vorwissens Allerdings fallen Jennifer Mathematikaufgaben schwer, da sie nicht an gelerntes Wissen anknüpfen kann --> Wissenslücken vergrößern sich, Ausdifferenzierung und Strukturierung bleibt aus

1.1.1.1.1. Rat an Herr Tanner: Jennifer sollte schnellstmöglich ihre bisherigen Wissenslücken schließen. Hilfreich dabei könnte die Stoffwiederholung im Unterricht selbst sein oder privater Nachhilfeunterricht.

1.2. Intelligenz

1.2.1. Intelligenztest: Durchschnittliche bis überdurchschnittliche kognitive Fähigkeiten [Z. 59ff.]

1.2.1.1. Allerdings: Intelligenz nicht allein verantwortlich für Schulleistung

1.2.1.2. Intelligenz kann auch domänenspezifisch sein

1.3. Lernstrategien & Selbstreguliertes Lernen

1.3.1. Lernstrategien (LS) = Handlungen und Gedanken, die dazu dienen, den Lernprozess direkt oder indirekt zu steuern und die vom Lernenden wissentlich mit dem Ziel genutzt werden, den Lernprozess zu optimieren (Götz & Nett, 2011)

1.3.2. Jennifers "Lernstrategien": - kaum angeeignet, da auch ohne Lernen immer gute Noten [Z. 6f.] - "Nebenbei Lernen" [Z. 7] = unkonsequentes, willkürliches Lernen

1.3.2.1. Es fehlt Jennifer sowohl an Kognitiven LS (Memorierung/Wiederholung, Organisation, Elaboration) und an Metakognitiven LS (Evaluation, Monitoring, Regulation), als auch an Ressourcenorientierten LS (Arbeitsplatz gestalten, Lerngruppen organisieren) Da Jennifers Peers ebenfalls keine Hausaufgaben machen [Z. 38-41] und zusammen mit Jennifer Briefchen im Unterrichten schreiben [Z. 37f.] mangelt es den ressourcenorientierten LS vor allem an den nötigen Voraussetzungen.

1.3.2.2. Einsatz von LS muss eingeübt werden --> Lernstrategienutzung muss sich erst entwickeln (Flavell, 1990) - Produktionsdefizit: Basale Strategien (z.B. Wiederholen) werden zwar beherrscht, aber nur unter Aufforderung genutzt, und müssen dementsprechend angeleitet werden. --> Indem der Lehrer keine Hausaufgabenkontrolle macht, entziehen sich die SuS (so auch Jennifer) dem Zwang den Mathematikstoff zu wiederholen und üben [Z. 38]

1.3.2.2.1. Rat an Herr Tanner: Hausaufgabenkontrolle ist im Sinne der Evaluation unverzichtbar und sollte unbedingt im Mathematikunterricht Einsatz finden (externale Kontrolle).

1.3.2.2.2. Rat an Herr Tanner: Aber auch in Situationen, wo die externale Kontrolle gering ist, sollte die Übungsperspektive nicht vernachlässigt werden. Nur so kann eine Interessenssteigerung gewährleistet werden.

1.3.2.3. Sobald der Vater Jennifer mit kleineren Hilfestellungen an die Aufgaben heranführte konnte sie diese problemlos lösen. Arbeitete sie aber selbstständig funktionierten diese Tipps (LS) nicht.

1.3.2.3.1. Nutzungsdefizit: - kann auch im höheren Alter bei neu erlernten LS auftreten Gefahr: Mangelnde Motivation, neue LS ins Repertoire aufzunehmen

1.3.3. andere Art von Leistungserbringung/-abfrage bringt Jennifer aus dem Konzept - deutlich wird ein Mangel an funktionierenden Lernstrategien ("kein System") [Z. 23]

2. motivationale Entwicklung

2.1. Fähigkeitsselbstkonzept (FSK)

2.1.1. "Skill-development"-Ansatz (hohe Leistungen führen zu einem hohen FSK) ist bis zur 7. Klasse sehr stark, da kaum Anstrengung für gute Noten benötigt wird [Z. 6f]

2.1.2. "Self-enhancement"-Ansatz (hohes FSK führt zu hohen Leistungen/geringes FSK führt zu geringeren Leistungen ) ist ab der 7. Klasse stark, da Jennifer bereits auf die erste Schulaufgabe eine schlechte Note bekommt [Z. 12f.] - Teufelskreis = je öfter sie schlechte Noten bekommt, desto schlechter ist ihr FSK und je schlechter die Noten desto niedriger das FSK

2.1.2.1. Erfolgs-/Kompetenzerleben bleibt aus --> sinkendes FSK

2.1.3. Bezugnormen = Schulleistungen Ihrer Mitschüler:Innen

2.1.3.1. "Big-fish-little-pond-Effekt": Jennifers gute Schulnoten stechen in ihrer neuen Klasse nicht mehr positiv heraus, da ihre Mitschüler:Innen genauso gute, wenn nicht sogar bessere Schulleistungen erbringen [Z. 46/47f.]

2.1.4. Hierarchie des schulischen Selbstkonzepts

2.1.5. differenziert sich mit zunehmendem Alter aus --> domänenspezifisch

2.1.6. Mittlerer Zusammenhang des FSK mit Schulleistung (r = .42; Hansford & Hattie, 1982) - zeigt sich auch in Jennifers Fall

2.1.6.1. Rat an Herr Tanner: Es sollte versucht werden Jennifers FSK wieder aufzubauen. Dies könnte erreicht werden, indem ihre Leistungen und Misserfolge internal attribuiert werden, z.B. auf Anstrengung. So wird Jennifer bewusst gemacht, dass ihre Leistungen nicht auf zufälliges oder willkürliches Glück zurückzuführen sind, sondern auf ihrer Leistungsbereitschaft (Lernen, Üben, Hausaufgaben machen, etc.) basiert. Außerdem stärkt der Lernerfolg in anderen Fächern ebenfalls das FSK in Mathematik und kann Schulleistung und Motivation in dem Fach anheben (--> Dimensionaler Vergleich)

2.1.6.2. Nach Martin Seligmans Theorie der "erlernten Hilflosigkeit" lässt sich Jennifers Ursachenattribution (für ihre schlechten Noten im Fach Mathematik) wie folgt erklären: generell, intern, stabil & variabel Sie denkt grundsätzlich, dass sie unfähig ist die Prüfungen zu bestehen (weil sie "zu doof und ein Mädchen sei") und zusätzlich weiß sie, dass sie für Tests oder dem Unterrichtsgeschehen im Allgemeinen, zu schlecht vorbereitet ist [Z. 29-41, 46ff.]

2.1.6.3. Nach Weiners dreidimensionalem Klassifikationssystem lassen sich Jennifers Ursachen für Erfolg oder Misserfolg wie folgt sortieren: Sie hat keine externale, stabile und kontrollierbare Hilfe (also dauerhafte Ressource), deren Meinung/Unterstützung sie momentan wertschätzt (z.B. die Hilfe eines Freundes). Ihre Schulkameradinnen sehen Hausaufgaben und Lernen ebenfalls als optional an und unterstützen Jennifer somit in ihrem Glauben, dass Mathematik nicht wichtig sei. Die Hilfe ihrer Eltern (oder die ihres Lehrers) ist für Jennifer nicht greifbar. Erwachsene Autoritätspersonen sieht sie als Einschränkung ihrer eigenen Autonomie, auch wenn diese ihr eigentlich helfen wollen [Z. 44-46]. Außerdem lässt sich Jennifers Misserfolg in Mathe auf ihre fehlende Anstrengung (internal, instabil, kontrollierbar) und ihr fehlendes Konzentrationsvermögen (internal, instabil, unkontrollierbar) zurückführen.

2.2. Interesse

2.2.1. Interesse = eine herausgehobene Beziehung einer Person zu einem Gegenstand (Thema, Tätigkeit, etc.), die durch eine hohe subjektive Wertschätzung und positive emotionale Erfahrungen während der Interessenshandlung gekennzeichnet ist (Krapp, Geyer & Lewalter, 2014)

2.2.1.1. Jennifer kann sich nicht mit dem Fach Mathematik identifizieren [Z. 41-44] --> keine enge Verbindung mit dem Selbst und der intrinsischen Qualität von Motivation

2.2.1.1.1. Jennifer versteht sich als Mädchen - und das Fach Mathematik als ein "Jungs-Fach" --> Dass sie Mathematik langweilig findet und nicht gut darin ist begründet sie deshalb mit ihrem Geschlecht [Z. 36f.].

2.2.2. Mittlerer Zsg. zwischen Interesse und Schulleistung (r = .41; Schiefele & Schreyer, 1994) - zeigt sich auch in Jennifers Fall

2.2.3. kein situationales Interesse: Jennifer findet den Mathematikunterricht "sterbenslangweilig" (uninteressant) [Z. 35]

2.2.3.1. Rat an Herr Tanner: Anreizbedingungen der Lernsituation und die Attraktivität des Lerngegenstandes kann didaktisch beeinflusst werden. Die Mathematiklehrkraft sollte deshalb unbedingt die soziale Eingebundenheit und die Relevanz des Übungsstoffes durch praxisnahe/-relevante Unterrichtsbeispiele fördern.

2.2.3.1.1. Rat an Herr Tanner: Ein weiterer möglicher Ansatz Jennifers Interesse am Mathematikunterricht/-stoff zu wecken wäre die sogenannte "Self determination theory". "Nach dieser Theorie hängt die Motivation für ein bestimmtes Verhalten immer davon ab, inwieweit die drei psychologischen Grundbedürfnisse nach Kompetenz, sozialer Eingebundenheit und Autonomie befriedigt werden können" (Wikipedia, Selbstbestimmungstheorie)

2.2.3.2. Entwicklung des individuellen Interesses in der Schulzeit: - Vor- und Grundschulkinder zeigen häufig starke Neugier und allgemein Interesse am Wissenserwerb und Lernen → Breite Interessen - Ab dem Ende der Grundschulzeit nimmt das durchschnittliche Interesse in diversen Schulfächern ab ➔ weniger eine Abnahme als eine Ausdifferenzierung und Weiterentwicklung einzelner Interessensgebiete

2.2.3.2.1. Es ist also normal, dass sich Jennifers Interessen verändern und momentan "Freunde treffen, Filme, Stars, Fernsehserien und Sport" im Vordergrund stehen [Z. 49-50]

2.2.4. weder hohe subjektive Wertschätzung noch positive emotionale Erfahrungen mit dem Mathematikunterricht - eher: internalisiertes situationales Desinteresse wird durch geringe Wertschätzung langfristig zu einem dispositionalem Desinteresse [Z. 46]

2.2.5. Interesse entwickelt sich in anderen Domänen als von Eltern gewünscht [Z. 48ff.]

2.3. Motivation

2.3.1. Ursprüngliche Leistungen ohne viel Aufwand --> Nach erster Negativerfahrung sinkt Motivation [Z. 32f.]

3. Selbst, Persönlichkeit, Identität

3.1. Identität

3.1.1. Diffuse Identität: Jennifer empfindet keine aktive Verpflichtung gegenüber bestimmten Wert-/ und Moralvorstellung. Sie verfolgt keine aktiven Ziele und zögert beim Ausprobieren von Alternativen. Sie übernimmt nicht die Identität, die sich ihre Eltern (oder ihre Lehrkräfte) für sie wünschen würden. Sie hinterfragt die Relevanz des Mathematikunterrichts für ihre Zukunft/Karriere [Z. 41-44], und lehnt sich gegen Autoritätspersonen auf [Z. 44-46]. Sie akzeptiert nicht, dass sie nicht selbstständig entscheiden darf, was sie machen muss und was ihr Spaß macht.

3.1.1.1. Rat an Herr Tanner: Manche Wert- und Moralvorstellungen haben durchaus ihren Nutzen. Dies sollte Jennifer bewusst gemacht werden. Sich mit Sachverhalten auseinanderzusetzen, die einem nicht liegen oder Spaß machen ist durchaus Realität in jedem Beruf. Außerdem ist das Lernen zu Lernen und Hausaufgaben zu machen für jedes Schulfach relevant und wichtig. Auch in der Universität oder der Berufsausbildung muss man allerlei Lernen. Zu guterletzt ist es wichtig zu betonen, dass das Fach Mathematik sich auf den allgemeinen Schulverlauf auswirkt, welcher sich wiederum auf Jennifers weiteren Lebensweg Einfluss nimmt.

3.1.1.2. Diffuse Identität steht im starken WIDERSPRUCH zu Moratorium!!! Einerseits kümmert sie der Matheunterricht nicht, andererseits hinterfragt sie die Relevanz des Faches. Hypothese: Vielleicht würde sie sich wünschen, dass ihr der Matheunterricht und ihre Mathenoten nicht nahe gehen, tuen sie aber schon in gewisser Weise.

3.1.2. Peers können sich bei der Exploration gegenseitig emotional unterstützen und einander als Rollenvorbilder dienen. In Jennifers Freundeskreis ist es aber Gang und Gebe nicht die Hausaufgaben zu machen, sondern sich Nachmittags zu treffen. Die Gruppe beeinflusst sich gegenseitig negativ. [Z. 40f.]

3.2. Entwicklungsförderung

3.2.1. Jennifers Mathematiklehrer leistet nichts zu ihrer Entwicklungsförderung bei. Indem er ihr mitteilt, dass sie keine guten Leistungen in Mathematik erzielen kann und ihr sagt, dass ihr einfach die nötigen kognitiven Voraussetzungen fehlen würden [Z. 53ff.] schadet er Jennifers Selbstwert/-konzept.

3.2.1.1. Rat an Herr Tanner: Solche Sätze müssen im Klassenkontext unbedingt vermieden werden! Stattdessen sollte man das Selbstkonzept eines jeden SuS stärken. Der Mathematiklehrer sollte partout darauf hingewiesen werden eine positive Fehler- und Feedbackkultur in seinem Unterricht zu berücksichtigen.