Musste Weimar scheitern? Heinrich August Winkler
von Mia Glmntz
1. 1 Die Weimarer Republik scheiterte an der Weltwirtschaftskrise
1.1. Die Weimarer Republik überstand einige Krisen, hatte jedoch wenig gesellschaftlichen Rückhalt
1.2. Nationalistische Rechte diffamierten die Weimarer Demokratie als "undeutsches" System.
1.3. Neue Demokratien scheiterten fast alle.
1.4. Alte Demokratien (z.B. USA, Großbritannien) bewahrten Stabilität trotz Krisen durch Reformen.
2. 3 Die demokratischen Parteien der Weimarer Republik trugen zu dessen Scheitern bei
2.1. Im Kaiserreich waren Parteien auf Opposition eingestellt.
2.2. Die Weimarer Demokratie verlangte Regierungsparteien.
2.3. Häufige Regierungskrisen und mangelnde Kompromissbereitschaft.
2.4. Verantwortung wurde oft an den Reichspräsidenten übertragen, statt Probleme parlamentarisch zu lösen.
3. 5 Der Untergang der Weimarer Demokratie begann bereits 1930 mit dem Zerbrechen der letzten parlamentarischen Mehrheitsregierung und setzte sich durch die Etablierung eines präsidialen Regimes fort
3.1. Sturz der letzten Mehrheitsregierung am 27. März 1930.
3.2. Die Große Koalition zerbrach wegen eines Konflikts zwischen SPD und DVP über die Arbeitslosenversicherung.
3.3. SPD weigerte sich, einem Kompromiss zuzustimmen ("Selbstmord aus Angst vor dem Tode").
3.4. 1. Juni 1932 als zweite Zäsur: Übergang von gemäßigter Präsidialregierung (Brüning) zur autoritären Phase.
3.5. Antiparlamentarische Politik Papens verschärfte die Staatskrise und beschleunigte das Ende der Demokratie.
4. 7 Eine gemeinsame Einheitsfront aus SPD und KPD hätte die Weimarer Demokratie nicht retten können
4.1. Eine linke Einheitsfront war keine realistische Option.
4.2. Die KPD war ein entschiedener Gegner der Weimarer Demokratie und wollte eine sozialistische Revolution ("Sowjetdeutschland").
4.3. KPD-Propaganda und Aufrufe zum Bürgerkrieg kamen der NSDAP zugute.
4.4. Für die Kommunisten waren Sozialdemokraten "Sozialfaschisten" und der "Hauptfeind innerhalb der Arbeiterklasse".
5. 9 Hitlers Kanzlerschaft, unterstützt durch konservative Kreise, entsprach trotz ihrer Bedrohung für die Demokratie formal eher demokratischen Prinzipien als die vorherigen Präsidialkabinette
5.1. NSDAP erlitt bei der Reichstagswahl im November 1932 starke Verluste.
5.2. Die NSDAP blieb stärkste Partei, aber ohne parlamentarische Mehrheit.
5.3. Die Angst vor einer "roten Revolution" verstärkte die Bereitschaft, Hitler an die Macht zu lassen.
6. 2 Die SPD erkannte 1934, dass ihr Bündnis mit den alten Eliten während der Revolution 1918/19 ein schwerwiegender Fehler war, der die Demokratie schwächte und zur Ablehnung der Republik beitrug
6.1. Die SPD hätte in der revolutionären Übergangszeit 1918/19 tiefgreifendere Veränderungen einleiten können.
6.2. Öffentlicher Dienst blieb von Monarchisten besetzt, was später zur Bedrohung für die Republik wurde.
6.3. Eine radikale Umwälzung wie die bolschewistische Revolution war in Deutschland gesellschaftlich nicht umsetzbar.
6.4. Frauenwahlrecht, breiteres Wahlrecht in Einzelstaaten und Kommunen, Stärkung des Parlamentarismus.
6.5. Verständigung zwischen Arbeiterschaft und Bürgertum war nötig, weshalb die SPD die Zusammenarbeit mit bürgerlichen Parteien sucht
6.6. Gustav Noske gab rechten Freikorps freie Hand bei der Niederschlagung, was zu massiven Gewaltexzessen führte.
6.7. SPD musste den Spartakusaufstand bekämpfen, doch die Methoden waren extrem brutal.
7. 11 Nur die SPD lehnte Hitlers "Ermächtigungsgesetz" ab, während das Zentrum und die liberalen Parteien dem Gesetz zustimmten, was die mangelnde Unterstützung für die Demokratie offenbart
7.1. Die bürgerlichen Parteien hatten Angst vor der Gewalt der Nationalsozialisten und stimmten dem "Ermächtigungsgesetz" zu.
7.2. Das Zentrum wurde durch Hitlers mündliche Versprechungen bezüglich der katholischen Kirche beeinflusst.
7.3. Hitler hatte bereits eine parlamentarische Mehrheit durch Bündnisse.
7.4. Die Annahme des Ermächtigungsgesetzes erleichterte Hitler die Sicherung von Unterstützung.
7.5. Durch die Legitimation seiner „Nationalen Revolution“ konnte Hitler sein Machtmonopol weiter ausbauen.
8. 4 Das Scheitern der Weimarer Republik an strukturellen Schwächen und politischen Fehlentwicklungen, die eine Staatskrise begünstigten
8.1. Keine Schutzmaßnahmen gegen verfassungsfeindliche Mehrheiten.
8.2. Dualismus von Reichstag und Reichspräsident wurde zum Problem.
8.3. Kanzler konnte gestürzt werden, ohne dass der Reichstag eine Nachfolgeregierung stellte.
9. 6 Brünings fehlende Vision und seine Sparpolitik trugen maßgeblich zum Niedergang der Weimarer Demokratie bei, wobei die SPD eine Mitverantwortung trug
9.1. Deutschlands finanzieller Spielraum war durch die Reparationsforderungen stark eingeschränkt.
9.2. Brüning lehnte ein französisches Kreditangebot ab, um das Ende der Reparationszahlungen zu erzwingen (Deflationspolitik).
9.3. Brüning war ohne Visionen für eine demokratische oder wirtschaftliche Erholung.
9.4. Die SPD tolerierte Brünings Minderheitsregierung, um eine weiter rechts stehende Regierung zu verhindern.->Politik des kleinen Übels
9.5. SPD trug Mitverantwortung für soziale Härten
10. 8 Der Wahlaufruf des Ex-Kronprinzen für Hitler trug zum Ende der Weimarer Demokratie bei:
10.1. Der Ex-Kronprinz unterstützte Hitler bei der Reichspräsidentenwahl 1932.
10.2. Dies verringerte die konservativen Vorbehalte gegenüber Hitler.
10.3. Diese Unterstützung trug zur Akzeptanz Hitlers in monarchistischen und konservativen Kreisen bei.
11. 10 Hitlers Ernennung zum Kanzler war vermeidbar; die konservativen Eliten und bürgerlichen Parteien verkannten die Risiken seines Amtsantritts
11.1. Hindenburg hätte Alternativen zur Ernennung Hitlers gehabt.
11.2. Schleicher hatte Unterstützung in bürgerlichen Kreisen und bei den Gewerkschaften.
11.3. Hindenburgs Entscheidung für Hitler erfolgte unter Papens Einfluss
11.4. Hitler wurde als "kontrollierbarer" Kanzler betrachtet.
11.5. Die Machtelite sah hierin eine verfassungskonforme und sichere Krisenlösung.
11.6. Konservative und bürgerliche Kreise unterstützten Hitler als vermeintlich geringeres Übel im Vergleich zur Demokratie.
12. 12 Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs dachten viele Historiker, die Weimarer Republik sei nicht mehr relevant, was jedoch falsch war, da aktuelle Demokratiekrisen viele Parallelen zu den Verhältnissen der Weimarer Republik aufweisen
12.1. Das Grundgesetz von Bonn wurde als Reaktion auf das Scheitern der Weimarer Republik entwickelt.
12.2. Ein Kanzler kann nur durch die Wahl eines Nachfolgers abgelöst werden (Misstrauensvotums)
12.3. Der Bundespräsident hat weniger Macht als der Reichspräsident und wird nicht direkt vom Volk gewählt.
12.4. Bonn entwickelte ein Konzept des "Verfassungspatriotismus".
12.5. Wirtschaftlicher Wohlstand war ein entscheidender Faktor für die Stabilität der Bundesrepublik.
12.6. Die Gefahren für die Demokratie sind nach wie vor vorhanden, insbesondere durch rechtsextreme Kräfte, die seit 2017 im Bundestag vertreten sind !