Educational Neuroscience als "Emerging Field"

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1. Jeffrey S. Bowers (2016) reagierte auf die Kommentare der Kolleg*innen mit einer Antwort. Dabei provozierte Jeffrey S. Bowers mit der Aussage, dass der die Ansätze der Kolleg*innen nicht überzeugend findet.

1.1. Nach Aussage von Jeffrey S. Bowers gibt es immer noch keine Beispiele dafür, dass Educational Neuroscience neue Erkenntnisse für den Unterricht im Klassenzimmer liefert. Zudem gibt es nach Jeffrey S. Bowers keine Beispiele dafür, dass Educational Neuroscience neue Erkenntnisse für die Nachhilfe von einzelnen Schüler*innen liefert. Zudem gibt es nach Jeffrey S. Bowers keinen Beweis dafür, dass Educational Neuroscience für die Diagnose von Lernschwierigkeiten nützlich ist.

1.1.1. Nach seiner Aussage haben es die Autor*innen auch versäumt, auf die Gründe einzugehen, warum es unwahrscheinlich ist, dass Educational Neuroscience in Zukunft zu besseren Bildungsergebnissen führen wird. Die Psychologie hingegen kann (und hat) wichtige Entdeckungen gemacht, die zur Verbesserung des Unterrichts und der diagnostischen Tests für Lernschwierigkeiten genutzt werden können (und sollten).

1.1.1.1. Die Art der Wissenschaft ist relevant.

1.2. Nach Aussage von Jeffrey S. Bowers sieht John D.E. Gabrieli die "Educational Neuroscience" als Grundlagen Forschung - so wie kognitive Neurowissenschaften, den affektive Neurowissenschaften oder den sozialen Neurowissenschaften. Und so wie Fortschritte in der kognitiven, affektiven und sozialen Neurowissenschaft zur Behandlung einer Reihe von Störungen wie Schizophrenie, Depression, Angst und Autismus beitragen sollen, werden Fortschritte im Bereich der Educational Neuroscience den Unterricht in Zukunft verbessern.

1.2.1. Erste Problematik: Im Gegensatz zu John D.E. Gabrieli behaupten viele Forscher*innen, dass Educational Neuroscience bereits zur Verbesserung des Unterrichts im Klassenzimmer beigetragen hat, und die explosionsartige Zunahme von Artikeln, Zeitschriften, Forschungszentren, Unterrichtsprogrammen und Finanzmitteln, die weit-verbreitete Ansicht widerspiegelt, dass Educational Neuroscience in naher Zukunft den Unterricht weiter verbessern wird.

1.2.2. Zweite Problematik: Der Optimismus von John D.E. Gabrieli hinsichtlich der Aussicht auf eine Verbesserung des Unterrichts durch Educational Neuroscience beruht auf einer unzulänglichen Analogie zu den kognitiven, sozialen und affektiven Neurowissenschaften. So hat die Neuropharmakologie bereits zu wichtigen klinischen Behandlungen von Lernschwierigkeiten, Depressionen, Angststörungen oder Schizophrenie geführt. Kritisch anzumerken ist jedoch, dass die klinischen Fortschritte in allen Fällen das direkte Ergebnis einer Intervention des Gehirns waren (z.B. Ritalin für die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung, Antidepressiva, Medikamente gegen Angstzustände).

1.2.3. Insgesamt werden aus Sicht von Jeffrey S. Bowers von John D.E. Gabrieli keine guten Gründe sowie Belege für die Behauptung geliefert, dass Educational Neuroscience in Zukunft für Interventionen im Klassenzimmer nützlich sein wird. Ebenfalls existieren nach Aussage von Jeffrey S. Bowers keine Belege dafür, dass Educational Neuroscience die Vorhersage von Lernstörungen über Verhaltensdaten hinaus verbessert hat.

1.3. Nach Aussage von Jeffrey S. Bowers besteht zu Paul A. Howard-Jones et al. eine Differenz im theoretischen Verständnis. So beziehen seiner Aussage nach Paul A. Howard-Jones et al. die "Neurowissenschaft" in Educational Neuroscience auf die kognitive Neurowissenschaft , welche sich mit der Herstellung von Verbindungen zwischen dem Gehirn und dem Verhalten befasst. Somit ist auch die Psychologie von zentraler Bedeutung für Educational Neuroscience. Jeffrey S. Bowers hingegen behauptet, dass die Neurowissenschaften in den kognitiven Neurowissenschaften nichts zur Bildung beitragen würde, was über die Psychologie hinausgeht.

1.3.1. Jeffrey S. Bowers führt an, dass die von Paul A. Howard-Jones et al. aufgeführten Studien nicht aus Zufall erst dann durchgeführt wurden, nachdem die entsprechende Hypothese auf Grundlage von Verhaltensdaten aufgestellt wurde. Das Ziel der kognitiven Neurowissenschaft ist es seiner Ansicht nach zu verstehen, wie das Gehirn psychologische Prozesse unterstützt, und dementsprechend steht die Psychologie an erster Stelle. Dies wirft seiner Ansicht nach die Frage auf, wie Educational Neuroscience dazu beitragen kann, neue Formen des Unterrichts über die Psychologie hinaus zu motivieren.

2. Jeffrey S. Bowers (2016) hat mit seinem sehr provokativen Paper für Aufsehen erregt und damit auch die Aufmerksamkeit von wissenschaftlichen Kolleg*innen erregt. Diese stellen sich vorrangig auf die Seite der Educational Neuroscience und betonen das Potenzial des Forschungsfelds.

3. Die Aussagen von Jeffrey S. Bowers (2016) heben äußerst stark die Rolle einer "unfehlbaren Verhaltensforschung" hervor, welche die Psychologie stark prägt und geprägt hatte. Hierbei bieten Inzlicht (2013) sowie Inzlicht & Berkman (2015) mit einer Diskussion über "Ego-Depletion" eine Möglichkeit, um dieses lobpreisende Bild zu durchbrechen.

3.1. Die Basis des "Ego-Depletion-Ansatzes" ist Selbstkontrolle. Selbstkontrolle bezieht sich auf die mentalen Prozesse, die es Menschen ermöglichen, ihre Gedanken, Emotionen und Verhaltensweisen so zu steuern, dass sie mit übergeordneten Zielen übereinstimmen. Während die kognitive Kontrolle auf mindestens drei separaten (aber miteinander verbundenen) exekutiven Funktionen beruht - Aufgabenwechsel, Arbeitsgedächtnis und Inhibition - ist die Selbstkontrolle im Kern am deutlichsten mit der hemmende kognitive Kontrolle, bei der Menschen dominante Reaktionstendenzen zurückhalten oder dominante Reaktionstendenzen unterdrücken und dadurch andere angemessenere Reaktionen.

3.1.1. Baumeister et al. (1996) haben ein Ressourcenmodell der Selbstkontrolle entwickelt, das eine wichtige Grenze für die regulierende Verarbeitung setzt, nämlich eine Refraktärzeit, in der die Zeitkontrolle weniger wahrscheinlich erfolgreich ist. Im Gegensatz zu einer parallelen Verarbeitungsgrenze für das Arbeitsgedächtnis, die auf dem Gebiet gut etabliert ist, bezieht sich das Ressourcenmodell auf eine sequenzielle oder zeitliche Verarbeitungsgrenze. Entscheidend ist, dass das Modell davon ausgeht, dass die Beherrschung auf einer begrenzten Ressource oder Energie beruht, so dass der Einsatz von Selbstkontrolle diese innere Kapazität schnell aufbraucht und die Person in einen Zustand der "Ego-Depletion" versetzt. In diesem erschöpften Zustand sind weitere Versuche der Selbstkontrolle zum Scheitern verurteilt.

3.1.1.1. Eine erste Quelle der Skepsis besteht in der Tatsache, dass die meisten Experimente nicht direkt die Verringerung der Ressource betrachten. Eher wird die Präsenz oder nicht-Präsenz anhand von Verhaltensmustern auf Basis vom Selbstkontroll-Aufgaben evaluiert.

3.1.1.2. Eine zweite Quelle der Skepsis besteht in der Tatsache, dass vermehrt Befunde entgegen der Annahme einer Ressource bestehen. Studien haben gezeigt, dass eine erhöhte Aufgabenmotivation, die Wahrnehmung von Vitalität und die Überzeugung, dass die Selbstkontrolle unbegrenzt ist , den Ego-Depletion-Effekt abschwächen können. Wenn die Selbstkontrolle auf einer endlichen (erneuerbaren) Ressource beruht, ist es schwer zu verstehen, wie die Veränderung der Wahrnehmung oder das Fernsehen die Selbstregulierungskapazität sofort wieder auffüllen können.

3.1.1.3. Eine dritte Quelle der Skepsis ist die fehlende funktionelle Plausibilität des Ressourcenmodells. Der frühe Mensch hätte mit Sicherheit eine Selbstkontrolle benötigt, um starke Reaktionen (z.B. Angst) zu überwinden, um zu essen, sich fortzupflanzen und einen sicheren Unterschlupf zu finden. Die natürliche Selektion dürfte daher Organismen begünstigt haben, die die Selbstkontrolle flexibel, in Übereinstimmung mit persönlichen Prioritäten und über lange Zeiträume ausüben können.

4. Das Prozessmodell der "Self-Control-Depletion" adressiert die Limitationen des ursprünglichen Modells.

4.1. "Ultimate explanations" adressieren, weshalb Limitationen der Selbstkontrolle existieren. Das Prozessmodell basiert auf evolutionären Überlegungen, die Organismen dazu bringen, einen optimalen Kompromiss zwischen "Exploitation" und "Exploration" zu bevorzugen, wobei der Wert der Ausbeutung etablierter Belohnungsquellen gegen den Nutzen der Erkundung der Umwelt nach neuen Möglichkeiten abgewogen wird. Die Notwendigkeit, ein Gleichgewicht zwischen Ausbeutung und Erkundung herzustellen, besteht auf allen Verhaltensebenen und ist nicht auf den Menschen beschränkt. Um diesen Zielkonflikt auszugleichen, muss das Ausmaß reguliert werden, in dem das Kontrollsystem die Beschäftigung mit einer Aufgabe (Ausbeutung) gegenüber der Aufgabe und der Erkundung anderer Möglichkeiten (Erkundung) bevorzugt.

4.2. "Intermediate Explanations" übersetzen abstrakt-evolutionäre Funktionen und proximale kognitive Operationen. Das Gleichgewicht zwischen Ausbeutung und Erkundung dient einer adaptiven Funktion, die zu einer allgemeinen Tendenz führt, ein Gleichgewicht zwischen kognitiver Arbeit und kognitiver Freizeit oder zwischen geistiger Arbeit und geistiger Ruhe zu bevorzugen. Neuere Forschungen legen nahe, dass kognitive Kontrolle intrinsisch aversiv ist und einen inhärenten Unnutzen hat. Obwohl Menschen geistige Arbeit in dem Maße verrichten, wie sie in irgendeiner Form extern belohnt wird, akkumuliert sich der inhärente Unnutzen geistiger Arbeit, je mehr man gearbeitet hat, was bedeutet, dass immer mehr externe Belohnungen erforderlich sind, um die Abneigung gegen die Arbeit auszugleichen, andernfalls werden die Menschen stattdessen zur inhärent belohnenden Freizeit tendieren. Das bedeutet, dass die Menschen nach anfänglichen Anstrengungen dazu neigen, kognitive Arbeit zu vermeiden, selbst wenn sie sich mit einer anderen Aufgabe beschäftigen.

4.3. "Proximate explanations" fokussieren die grundlegenden kognitiven und emotionalen Prozesse. Sowohl "ultimate account" und "intermediate account" bilden die Grundlage für eine proximale, prozessbasierte Analyse, die Aufschluss darüber gibt, wie das Einschalten der Kontrolle zum Zeitpunkt 1 zu weniger Zurückhaltung zum Zeitpunkt 2 führt. Die Autoren schlagen vor, dass, anfängliche Kontrollhandlungen zu einer Verschiebung der Motivation weg von "have-to-goals" oder "ought-to-goals" hin zu "want-to-goals" führen. "Have-to-Aufgaben" werden aus einem Gefühl der Pflicht oder vertraglichen Verpflichtung heraus ausgeführt, während "want-to-Aufgaben" ausgeführt werden, weil sie persönlich Spaß machen und sinnvoll sind.

5. Eine motivationale Perspektive auf Selbstkontrolle liefert Elliot T. Berkman. Dieser beschreibt zunächst die grundlegende Annahme, dass sich Selbstkontrolle so anfühlt, als würde man in zwei gegensätzliche Richtungen gedrängt werden.

5.1. Das Dualitätsmodell der Selbstkontrolle beschreibt einen automatischen Drang, welcher mühevoll inhibiert werden muss. Berkman et al. (2017) wagen hierbei einen Ansatz - es gibt nichts besonderes bezüglich Selbstkontrolle, sondern die Entscheidungen unter dem Deckmantel der "Selbstkontrolle" sind ein unscharfes Subset von "value-based-decision", bei denen es darum geht, eine Handlungsoption aus mehreren Alternativen auszuwählen. Diese Entscheidungen fühlen sich schwer an und sind oft durch Abwägungen zwischen kurz- und langfristigen Belohnungen gekennzeichnet.

6. "Self-Control as Value-Based-Choice"

6.1. "Value-Based-Choice" beinhaltet die Auswahl aus einer Reihe von Optionen auf der Grundlage ihres relativen subjektiven Wertes. Selbstkontrolle wird definiert als Prozess Verhaltensauswahl, welches mit einem fokalen Ziel übereinstimmt, während es mit zielinkonsistenten Alternativen kollidiert. Dieser Prozess umfasst die Berechnung eines Wertes für jede Option durch Integration verschiedener Gewinne und Kosten, die Umwandlung von objektivem in subjektiven Wert auf vorhersehbare Weise und die Umsetzung der am besten bewerteten Option. Die Aufmerksamkeit spielt eine entscheidende Rolle bei der adaptiven Wahl und der Selbstkontrolle, da sie bestimmt, welche Optionen zu einem bestimmten Zeitpunkt in die Wahlmenge einfließen und ihre hervorstechenden Eigenschaften in den Vordergrund stellt. Individuelle Unterschiede in der kognitiven und aufmerksamkeitsbezogenen Kontrolle können die Selbstkontrolle durch ihre Auswirkungen auf die Auswahlmenge beeinflussen, aber die exekutiven Funktionen stehen nicht unbedingt in einer Eins-zu-eins-Beziehung zur Selbstkontrolle.

7. Das "Identity-Value-Modell"

7.1. Ein prozessorientiertes Modell der Selbstkontrolle, das der Identität eine zentrale Rolle im zielgerichteten Verhalten zuweist. Dieses Modell geht wie viele andere Entscheidungsmodelle davon aus, dass das Verhalten durch einen Wertintegrationsprozess gesteuert wird, bei dem die Werte heterogener Entscheidungsattribute (z.B. primärer Belohnungswert, Selbstrelevanz, Aufwand) dynamisch akkumuliert werden, bis ein Schwellenwert erreicht wird, der das Verhalten auslöst. Die Konzentration auf diesen wertbasierten Entscheidungsprozess als Mechanismus der Selbstregulierung ist aus drei Gründen äußerst vorteilhaft.

7.1.1. Erstens öffnet es Wissenskanäle in die Literatur zur Selbstregulierung aus ansonsten nicht verwandten Bereichen der Sozialpsychologie (z. B. Selbst, Identität und Belohnung) und aus benachbarten Gebieten (z. B. soziale Neurowissenschaften, Neuroökonomie und Philosophie).

7.1.2. Zweitens kann ein Value-Integration-Modell der Selbstregulierung die Ergebnisse aus der Sozialpsychologie und anderen Bereichen erklären, die von den derzeitigen Modellen der Selbstregulierung nicht vollständig erfasst werden.

7.1.3. Drittens bietet dies Möglichkeiten für Interventionen zur Verbesserung der Selbstregulierung, die auf den zugrunde liegenden Bewertungsprozess abzielt.

7.2. Das Identity-Value-Modell (IVM) konzentriert sich auf eine bestimmte Art von Wert - den aus der Identität abgeleiteten Wert - als besonders starken Motivationsfaktor für die Selbstkontrolle. In einem Selbstkontrollkonflikt können viele Arten von Inputs zum subjektiven Gesamtwert jeder Wahlmöglichkeit beitragen. Aus dieser Perspektive spiegelt ein erfolgreicher Akt der Selbstkontrolle jenen Punkt wider, an dem der kumulative subjektive Wert eines selbstkontrollierten Verhaltens (d.h. einer der Wahlmöglichkeiten, die mit dem langfristigen Ziel übereinstimmt) den der Alternativen übersteigt.

7.2.1. Die übergreifende Vorhersage des IVM ist, dass Identität die Selbstkontrolle in identitätsrelevanten Bereichen fördern kann, indem sie den Wert von zielrelevanten Verhaltensweisen (d.h. Handlungen, Entscheidungen und Wahlmöglichkeiten) erhöht, die, wenn sie nicht als selbstrelevant angesehen würden, im Vergleich zu alternativen Verhaltensweisen unterbewertet wären. Diese Hypothese geht davon aus, dass ein relevanter Aspekt der Identität hervorsticht und als mit dem selbstkontrollierten Verhalten verbunden wahrgenommen wird.

7.2.1.1. Der Grund für den Fokus auf die Identität liegt darin, dass sie im Vergleich zu anderen potenziellen Wertquellen (z. B. sozialer Einfluss oder monetäre Anreize) zeit- und kontextübergreifend relativ stabil ist. Die Identität ist mit langfristigen Zielen vergleichbar, da sie relativ abstrakt und beständig ist. Außerdem werden Aspekte der Identität im Allgemeinen positiv bewertet und sind chronisch zugänglich. Zusammengenommen machen diese Eigenschaften der Identität (Stabilität, Positivität und Zugänglichkeit) sie zu einem vielversprechenden Ziel für Interventionen, die darauf abzielen, die Selbstregulierung zu verbessern, indem sie den Wert von zielrelevanten Verhaltensweisen steigern.

8. Bei der "Value-Based-Choice" werden Wahlmöglichkeiten identifiziert, jedem hervorstechenden Attribut der Optionen wird ein subjektiver Wert zugewiesen, und eine Entscheidung wird durch einen dynamischen Integrationsprozess getroffen.

9. Kernideen des IVM

9.1. Identitätsrelevante Verhaltensweisen werden höher bewertet als identitätsirrelevante Verhaltensweisen und die subjektive Wertintegration ist ein Mechanismus, durch den Selbstkontrollentscheidungen getroffen werden

10. Die wichtigste Vorhersage des IVM ist, dass Verhaltensweisen, die mit der Identität verbunden sind, mit größerer Wahrscheinlichkeit ausgeführt werden, weil sie einen höheren subjektiven Wert haben. In dem Maße, in dem die Selbstkontrolle das Ergebnis eines Wertvergleichs zwischen verschiedenen Reaktionsmöglichkeiten widerspiegelt, werden Selbstregulierungsziele (z. B. Raucherentwöhnung, Diät, Sport), die stärker mit der Identität verbunden sind, einen höheren Wert haben und folglich mit größerer Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein. Der subjektive Wert eines bestimmten Verhaltens wird durch eine Reihe von Inputquellen bestimmt, zu denen unter anderem die Identität gehört.

11. WORKING DEFINITON OF SELF-CONTROL

11.1. Selbstkontrolle ist die Gesamtheit der Prozesse, die die Verwirklichung psychologisch-entfernter Ziele fördern, wenn diese mit psychologisch-nahen Zielen in Konflikt stehen. Es ist anzuführen, dass Selbstkontrolle in dieser Definition nicht nur das Außerkraftsetzen oder Hemmen präpotenter Reaktionen umfasst (typischerweise als hemmende Kontrolle bezeichnet), sondern auch die Ausrichtung des Verhaltens auf gewünschte Reaktionen, in der Regel angesichts präpotenter alternativer Reaktionen oder bloßer Trägheit. Selbstkontrolle ist eine entscheidende Komponente der Selbstregulation, da Zielkonflikte häufig auftreten.

11.1.1. Bei der Selbstkontrolle wird in der Regel davon ausgegangen, dass sie durch einen Wettbewerb zwischen zwei gegensätzlichen Prozessen funktioniert: einem Kontrollprozess, der eine erfolgreiche Selbstregulierung fördert, indem er das Verhalten auf ein Ziel hin ausrichtet, und einem zweiten impulsiven Prozess, der eine fehlgeschlagene Selbstregulierung fördert, indem er das Verhalten auf ein alternatives Verhalten hin ausrichtet, das dem Ziel zuwiderläuft.

12. WORKING DEFINITION OF IDENTITY

12.1. Identität gilt als eine relativ-stabile sowie mentale Repräsentation des Selbst, die unter anderem geschätzte Grundwerte und Überzeugungen, soziale Identitäten, langfristige Ziele und wichtige frühere Erfahrungen umfasst.

12.1.1. Identität beschreibt sowohl die aktiven (d.h. im Moment hervorstechenden und zugänglichen) als auch die inaktiven (d.h. relativ weniger hervorstechenden und zugänglichen) Teile des Selbstkonzepts, zu denen Kernwerte, soziale Identitäten, langfristige Ziele oder auch frühere Erfahrungen gehören. Da die IVM davon ausgeht, dass die aktive Identität sowohl die Motivation (z. B. den subjektiven Wert) als auch die Kognition (z. B. die Informationsverarbeitung) im Moment steuert, ist die Abstimmung von Zielen und Identität - und insbesondere des funktionierenden Selbstkonzepts - ein entscheidender Schritt zur Zielerreichung.

12.1.2. Ein weiteres Definitionsproblem im Zusammenhang mit der Identität ist die Unterscheidung zwischen dem "tatsächlichen Selbst", d.h. dem Selbstkonzept, von dem eine Person glaubt, dass es derzeit zutreffend ist, und dem "idealen Selbst", d.h. dem Selbstkonzept, das eine Person anstrebt. Die Identität im IVM umfasst beide Aspekte.

13. WORKING DEFINITION OF VALUE

13.1. Value" bezieht sich auf das subjektive Gefühl der Nettobelohnung bzw. des Nutzens (positiver Wert) oder der Bestrafung bzw. des Unnutzens (negativer Wert), die mit einem bestimmten Verhalten verbunden sind. "Values" sind für die Selbstregulierung wichtig, weil Entscheidungen über zielrelevante Verhaltensweisen durch einen Prozess der Wertakkumulation getroffen werden: Attribute, einschließlich der Identitätsrelevanz jeder Antwortoption, werden mit einem gewichteten Wert versehen und dynamisch integriert, um die Auswahl zu leiten.

14. Prädiktionen des IVM

14.1. Die erste Hypothese des IVM besagt, dass es eine positive Beziehung zwischen Identität und Wert gibt. Identifizierte Konstrukte (z.B. Ziele, Beziehungen, Überzeugungen) werden einen höheren subjektiven Wert haben als nicht identifizierte Konstrukte. Das Ausführen identifizierter Verhaltensweisen hat einen Wert, weil es die eigene Identität gegenüber dem eigenen Selbst bestätigt. Eine wichtige konzeptionelle Unterscheidung besteht hier zwischen Grundwerten, die Teil der eigenen Identität sind (z. B. Loyalität), und dem subjektiven Wert, der eine momentane Bewertung des subjektiven Wertes einer bestimmten Handlung, eines Objekts, einer Überzeugung oder einer Entscheidung darstellt.

14.1.1. Eine interessante theoretische Nuance ist die Frage der Richtungsabhängigkeit: Führt Identität zu Wert oder werden Verhaltensweisen, die aus einem anderen Grund (z. B. extrinsische Belohnungen) geschätzt werden, in die eigene Identität integriert? Diese Fragen schließen sich nicht gegenseitig aus, so dass eine bidirektionale Beziehung eine Möglichkeit ist.

14.1.1.1. Das Modell geht davon aus, dass Aspekte der Identität einen subjektiven Wert haben, weil sie ein starkes Motiv für die Aufrechterhaltung des Selbstwerts darstellen. Die Beweise dafür stammen aus der Sozialpsychologie, sind aber meist indirekt, weil das Konstrukt des Wertes aus dem Verhalten abgeleitet und nicht direkt gemessen wird. Indirekte Belege für die Verbindung zwischen Identität und Wert kommen aus dem verwandten Gebiet der sozialen Neurowissenschaften, wo Forscher die Gehirnregionen und Netzwerke untersucht haben, die vielen der sozialpsychologischen Konzepte zugrunde liegen.

14.1.1.1.1. Eine der wichtigsten Behauptungen der sozialen Neurowissenschaft ist, dass sich Selbstreflexion und soziale Kognition von anderen Arten der Informationsverarbeitung unterscheiden, was sich in einer besonderen Rolle des medialen präfrontalen Kortex (mPFC) und insbesondere seines ventralen Anteils (vmPFC) bei diesen Prozessen widerspiegelt.

14.2. Die zweite Hypothese ist eine positive Beziehung zwischen "Value", der sich unter anderem aus der Identität ergibt, und Selbstregulierung. Die direktesten Belege für diesen Pfad stammen aus der Forschung in der Verhaltensökonomie und der Neuroökonomie, die Selbstregulierung als eine Klasse der wertbasierten Entscheidungsfindung konzeptualisieren, bei der jeder Antwortoption ein subjektiver Wert zugeordnet wird, die Werte verglichen werden und die Option mit dem höchsten Wert gewählt wird.

14.2.1. Aus dieser Perspektive ist die Selbstregulierung weniger das Ergebnis eines Kampfes zwischen "heißen" Impulsen und "kalter" Kontrolle als vielmehr eine Integration von Werteinflüssen aus einer beliebigen Anzahl von Quellen, darunter Selbstrelevanz, primäre Belohnungen, sozialer Wert und Aufwandskosten.

14.2.1.1. Andere Beispiele für den Zusammenhang zwischen Werten und Selbstregulierung stammen aus der Forschung über den Ego-Depletion-Effekt, der sich auf die Beobachtung bezieht, dass die Selbstregulierungsleistung bei aufeinanderfolgendem Gebrauch über verschiedene Aufgaben hinweg abnimmt. Der Ego-Depletion-Effekt wurde in über 100 Studien mit einer Reihe von Aufgaben und Operationalisierungen beobachtet. Wenn den Teilnehmern jedoch monetäre Anreize für ihre Leistung geboten werden oder sie sogar dazu ermutigt werden, über Anreize nachzudenken, wird der Ego-Depletion-Effekt gemildert oder sogar aufgehoben, was der Idee entspricht, dass eine Erhöhung des Wertes der Selbstregulierung die Leistung verbessern kann, die andernfalls abnehmen würde. Der Wert kann auch dadurch erhöht werden, dass in einem typischen Ego-Depletion-Paradigma andere Inputs oder Belohnungen in den Zeitraum zwischen den beiden Selbstregulierungsaufgaben eingefügt werden.

14.2.1.1.1. Diese Ergebnisse lassen sich nur schwer im Sinne eines Zwei-Prozess-Modells erklären, bei dem ein impulsiver Prozess die Kontrolle übernimmt, wenn der Kontrollprozess erschöpft ist, denn es ist unklar, wie die beschriebenen Manipulationen dem Kontrollprozess neue Ressourcen zuführen. Nach dem IVM spiegelt der Ego-Depletion-Effekt eine Abnahme des subjektiven Wertes der Selbstregulierung im Laufe der Zeit wider. Das Bewertungsmodell kann die Ego-Depletion mit dem abnehmenden Grenzwert der Anstrengung erklären: Der Wert der Erledigung der anfänglichen Aufgabe ist hoch genug, um die harte Arbeit daran zu rechtfertigen, aber dann sinkt der Wert der Erledigung nachfolgender Aufgaben, weil weitere Anstrengungen keine ausreichenden zusätzlichen Gewinne bringen. Aus dieser Perspektive folgt, dass Manipulationen, die den Wert der Ausdauer erhöhen, entweder durch direkte Belohnung oder indem sie die Aufmerksamkeit des Teilnehmers auf geschätzte Aspekte des Selbst lenken, den subjektiven Wert der Selbstregulierung wiederherstellen würden, der in Studien zur Erschöpfung des Egos im Allgemeinen eher mit den Identitäten der Teilnehmer übereinstimmt (z. B. Ausdauer, Leistung oder dem Experimentator gefallen) als die Alternative (z. B. aufgeben, versagen oder den Experimentator enttäuschen).

14.3. Die dritte Hypothese ist, dass die Identität positiv ist. Obwohl die sozialpsychologische Forschung und Theorie über das Selbst und die Identität die Vorstellung stark unterstützen, dass die Identität für die meisten Menschen die meiste Zeit über positiv bewertet wird, ist dies nicht immer der Fall.

14.3.1. Es können einige kompensatorischen Prozesse in Gang gesetzt werden, um Identitäten vor Bedrohungen zu schützen. In einer solchen Situation haben die Menschen zwei Möglichkeiten.

14.3.1.1. Die eine besteht darin, sich von der Domäne zu distanzieren, so dass ein Scheitern weniger selbstrelevant ist und daher dem Selbstwertgefühl weniger schadet. Dies könnte die Motivation für das Ziel vollständig untergraben, obwohl es Hinweise darauf gibt, dass die Bewertung von Misserfolgen als Ausdruck der Zielverpflichtung (im Gegensatz zum Zielfortschritt) die Identifikation mit dem Ziel tatsächlich erhöhen kann.

14.3.1.2. Eine zweite Möglichkeit besteht darin, die Leistung selbst zu beeinträchtigen, um sich selbst eine alternative Erklärung für das Scheitern der Selbstregulierung zu liefern, abgesehen von mangelnden Fähigkeiten oder Motivation. Self-Handicapping untergräbt per Definition die Zielverfolgung, kann aber auch auf verschiedene Weise gemildert werden.

15. John D.E. Gabrieli (2016) betont in seiner Antwort zunächst die Korrektheit einiger Antworten von Jeffrey S. Bowers. So sind die kritischen Messungen der Bildungsforschung v.a. behavioral und die Erkenntnisse der Neurowissenschaften geben nicht direkte Hinweise auf Verbesserungen des Lehrens im Klassenraum. Dennoch sei Educational Neuroscience ein vielversprechendes Forschungsfeld.

15.1. Educational Neuroscience hat die Verbesserung des Lehrens im Klassenzimmer nicht als ein direktes Ziel vor Augen. Educational Neuroscience sieht sich eher als eine Art der Grundlagenforschung.

15.1.1. Frage: Wäre Educational Neuroscience dann etwas wie eine "fachspezifische Grundlagenforschung" und gibt es so etwas auch in anderen Domänen der Psychologie, bei denen Neurowissenschaften als methodische Basis herangezogen werden?

15.1.2. Neurowissenschaften liefern einen erheblichen Strang von gesicherten Erkenntnissen und methodisch-theoretischen Ansätzen, welche "Hand in Hand" mit behavioralen Erkenntnissen die pädagogische Psychologie vorantreiben könnte.

15.1.2.1. "The combination of behavioral and neuroscience evidence is more powerful than research that is limited to only one source of evidence."

15.1.3. Eine große Hürde in der Lehre ist die Individualität der Lernenden, was damit einhergeht, dass edukative Ansätze nicht für alle Lernenden zwingend geeignet sind.

15.1.3.1. Neurowissenschaftliche Ansätze könnten hierbei einen tieferen Einblick geben und diese Problematik angehen. So führt John D.E. Gabrieli einige Befunde an, die anführen, dass Neuroimaging bspw. die Prädiktion von "reading gains" verbessert.

15.2. John D.E. Gabrieli setzt sich für einen integrierten Ansatz ein. Er beschreibt eine Kombination von Educational Neuroscience und Verhaltensforschung als Domäne des "Basic Research", welche nachfolgend Interventionen und Evaluationen in Form einer Domäne des "Applied Research" fördert und damit letztlich mit der Domäne des "Scaling" eine Ausweitung in die Klassenzimmer und das Curriculum anstrebt. Die Erkenntnisse aus jener letzten Domäne beeinflussen rückwirkend die vorgeschalteten Domänen.

15.2.1. "Why not?"

16. Paul A. Howard-Jones et al. (2016) betonen die Unterschätzung des Forschungspotenzials innerhalb dieses neuartigen Forschungsfelds und die Komplexität der interdisziplinären Ansätze.

16.1. "Education is about enhancing learning, and neuroscience is about understanding the mental processes involved in learning. This common ground suggests a future in which educational practice can be transformed by science, just as medical practice was transformed by science about a century ago."

16.2. Die Neurowissenschaften innerhalb der "Educational Neuroscience" fokussieren eine Verknüpfung der neuronalen Substrate mentaler Prozesse mit dem Verhalten und hierbei vorrangig dem Lernverhalten.

16.2.1. Wenn man akzeptiert, dass die psychologische Theorie einen Beitrag zur pädagogischen Praxis leisten kann und dass die Neurowissenschaft einen Beitrag zur psychologischen Theorie leisten kann, ist es unlogisch, den transitiven Schluss zu verwerfen und stattdessen zu argumentieren, dass die Neurowissenschaft für die pädagogische Praxis im Prinzip irrelevant ist.

16.3. Paul A. Howard-Jones et al. führen einige Kritikpunkte zur Ausarbeitung von Jeffrey S. Bowers an. So ist Jeffrey S. Bowers unkritisch ggü. behavioralen Befunden, welche oftmals nicht-reliabel sind und vielfach eine geringe Validität aufweisen. Ebenfalls betonen die Autor*innen, dass eine Verknüpfung beider Erklärungsansätze das eigentliche Ziel sein sollte und kein Wettbewerb der Forschungsdomänen im Raum steht. Educational Neuroscience und damit auch die Neurowissenschaft macht gar nicht den Anspruch als alleinig-relevante Forschungsdomäne zur Verbesserung des Lernens und Lehrens im Klassenzimmer. Vielmehr sollten theoretisch-methodische Brücken zwischen den Forschungsdomänen geschaffen werden.

16.3.1. Frage: Ist die "bridge too far" vllt. einfach nur ein Ausdruck der eigenen "Engstirnigkeit" von Jeffrey S. Bowers? Die Forscher*innen der Educational Neuroscience scheinen ihr Forschungsfeld nicht "hochzupreisen" sondern sind sich der Schwächen ebenfalls bewusst. Dennoch stehen diese eher für einen gewünschten Umgang in der Wissenschaft - Offenheit und Kritikfähigkeit.

17. Jeffrey S. Bowers (2016) - The Practical and Principled Problems with Educational Neuroscience

17.1. Educational Neuroscience gilt als Begriff zur Verknüpfung von Neurowissenschaften und Bildungswissenschaften und damit als neuartige Disziplin, der in breiten Kreisen eine rosige Zukunft vorhergesagt wird.

17.2. Ein weiterer zentraler Aspekt dieses "kollaborativen Ansatzes" ist die Annahme, dass durch die Verknüpfung der Neuro- und Bildungswissenschaften eine Grundlage geschaffen werden kann, mit der Lernstörungen besser diagnostiziert und darüber hinaus auch behandelt werden können.

17.3. Als zentraler Fokus ("core claim") der Educational Neuroscience wird angenommen, dass neue Erkenntnisse über das Gehirn auch nachfolgend das Lehren in Bildungseinrichtungen verbessern kann.

18. Jeffrey S. Bowers äußert sich jedoch äußerst kritisch zu den Ansätzen der Educational Neuroscience. Dafür führt er empirische Fehlschläge an.

18.1. 1. Im Sinne von "Trivial Justifications" führt Jeffrey S. Bowers an, dass gewisse empirische Befunde der Neurowissenschaften selbst-evident sind und der Anspruch der Neurowissenschaften hinsichtlich dieser Erkenntnisse unbegründet sei. So wird bspw. angeführt, dass eine Erkenntnis der Neurowissenschaft sei, dass Emotionen das Lernen in der Schule behindern. Jeffrey S. Bowers führt hierbei an, dass diese Annahme trivial sei und "jede Person wüsste, dass gestresste Schüler*innen schlechter lernen".

18.2. 2. Im Sinne von "Misleading Justifications" führt Jeffrey S. Bowers an, dass gewisse empirische Befunde der Neurowissenschaften schon etabliert sind - und zwar vorrangig durch Verhaltensstudien. So wird bspw. der "Testing Effect" angeführt, welcher besagt, dass die Testung von Lerninhalten einen größeren Effekt hat als alleinig-zusätzliches Lernen von Inhalten. Jeffrey S. Bowers kritisiert die "Lobpreisungen" der Educational Neuroscience mit Hinblick auf die Erkenntnisse zum "Testing Effect", da dieser schon in etlichen empirischen Arbeiten (mit Fokus auf Verhalten) untersucht und gesichert wurde.

18.3. 3. Im Sinne von "Unwarranted Uses of Neuroscience to Motivate Instructions" führt Jeffrey S. Bowers an, dass gewisse Befunde der Neurowissenschaften auf Missinterpretationen beruhen. Jeffrey S. Bowers führt hier bspw. auch etwas "extremere Formen" an, wobei gewisse Annahmen ("Wir nutzen nur 10% unseres Gehirns.") dazu dienen, bestimmte Instruktionen zu unterstützen und zu rechtfertigen. Educational Neuroscience könnte zwar ein "Gegengift" zu solchen Neuro-Mythen darstellen, wird aber durch die Fehlanwendung der Forscher*innen nicht als passende Alternative dargestellt. Neurowissenschaften sollten allgemein kein Bestandteil der Lehrerausbildung sein.

19. Nach Jeffrey S. Bowers ist das zentrale Merkmal der Psychologie das "Verhalten" und damit auch die einzig-relevante Metrik zur Erfassung von instruktionsbezogenen Interventionen.

19.1. PSYCHOLOGIE VS. NEUROSCIENCE???

19.2. Ist Educational Neuroscience vllt. einfach "a bridge too far" und damit zwar ein theoretisch sehr schönes, aber nicht-erreichbares Konzept?

20. Value-Based-Choice im Bildungskontext

20.1. Das Konzept von "Value-Based-Choice" ist konzeptuell relativ weit von der "Educational Psychology" entfernt. "Value-Based-Choice" sieht das jeweilige Individuum in einer emanzipatorischen Rolle, was allgemein NICHT der Struktur des Bildungssystems entspricht.

20.1.1. Frage: Gibt es so etwas wie "Choice" im Bildungskontext?

21. Montessori-Pädagogik

21.1. Maria Montessori betonte das Ziel, die individuellen Potenziale des Kindes zu entwickeln, indem dieses aktiv lernt und versteht und dabei eigene Entscheidungen trifft. Das Montessori-Prinzip des forschenden Lernens hat gezeigt, dass es unabhängige, selbstbewusste und neugierige Individuen hervorbringt.

21.2. Montessori sieht zwei Perspektiven.

21.2.1. In der ersten Perspektive behauptet sie, dass das "System von Belohnungen und Bestrafungen", Moralisierung oder emotionale Manipulation mit dem Ziel, ein bestimmtes Verhalten anzunehmen, "für fünf Minuten" fruchtbar sein kann, wobei ein Kind nachfolgend zu seinem vorherigen Verhaltensmuster zurückkehrt.

21.2.2. In der zweiten Perspektive, die in der Tat das Leitmotiv ihrer gesamten Pädagogik ist, sieht sie den Körper als "Spiegelbild der Einheit von Verstand (Intelligenz), Geist und Gefühlen" sieht.

21.3. Maria Montessori unterteilt die Entwicklung eines Kindes in drei grundlegende sechsjährige Phasen bis zum Alter von 18 Jahren, wobei jede Phase in kleinere Phasen von drei Jahren unterteilt wird. In jeder dieser Perioden reift ein Kind in bestimmten Entwicklungsbereichen. Montessori hebt besonders die Bedeutung des pädagogischen Handelns bei der Identifizierung der Entwicklungsstufen hervor. Die Förderung der Entwicklung der für eine Entwicklungsstufe spezifischen Kompetenzen des Kindes führt zum Gedeihen des Kindes. Werden die Kompetenzen jedoch ignoriert oder rechtzeitige Gelegenheiten verpasst, kann das Kind dies nur schwer kompensieren und hat letztlich weniger Chancen, eine optimale Entwicklung zu erreichen. Es wird gesagt, dass ein Kind in bestimmten Montessori-Entwicklungsphasen bestimmte Kompetenzen leichter erwerben kann als in anderen. Montessori misst dabei der Pflege nicht nur der kognitiven und psychomotorischen Entwicklung, sondern auch der emotionalen Entwicklung des Kindes gleiche Bedeutung bei.

21.3.1. 1. Spiritual embryonic stage

21.3.2. 2. Social embryonic stage

21.3.3. 3. Maturation and growing up

22. Montessori-Pädagogik und Neurowissenschaften

22.1. Wir werden mit einer genauen Anzahl von Neuronen geboren, aber synaptische Verbindungen sind zwischen Individuen höchst-unterschiedlich. Dies bestätigt die auf die menschliche Individualität ausgerichtete Erziehung von Maria Montessori. Alle Synapsen, die wir nicht nutzen, verschwinden. Daher ist es wichtig, die von Maria Montessori vorgeschlagenen Anforderungen der Entwicklungsstufen und sensiblen Perioden zu untersuchen und zu befolgen, wobei sie die Bedeutung einer ermutigenden Umgebung, d. h. des motivierenden Engagements der Erzieher, hervorhebt.

22.1.1. Nach Maria Montessori hat ein Kind spezifische Veranlagungen, sich neues Wissen anzueignen und vorhandenes Wissen zu erweitern.

22.2. Im Einklang mit den Annahmen von Maria Montessori zeigt die neurowissenschaftliche Forschung zeigt, dass Kindern, die während der prägenden Entwicklungsphasen einer Deprivation oder mangelnden Stimulation bestimmter Funktionen ausgesetzt sind, die Neuronen in diesem Teil des Gehirns fehlen.

22.3. Die Montessori-Pädagogik beschleunigt den Erwerb bestimmter Fähigkeiten in Bezug auf die physische Umwelt, was auch die kognitiven Fähigkeiten in Bezug auf das soziale Umfeld verbessern kann. Studien (u.a. Yussen et al., 1980) würdigen das Verdienst der Montessori-Pädagogik bei der Vermittlung sozialer Fähigkeiten und Gruppenaktivitäten.

22.4. Die Aktivitäten der Montessori-Pädagogik erfordern Bewegung und einen sinnvollen Umgang mit Materialien als Lernhilfen. Abgesehen von der primären motorischen Hirnrinde umfasst die Bewegungskontrolle die Interaktion zwischen vielen anderen Hirnregionen, einschließlich der Basalganglien, des Thalamus, des Hinterhirns und einer großen Anzahl von Neuronen, die sich im Kleinhirn und dem Hirnstamm befinden.

22.5. Die Annahmen der Montessori-Pädagogik und der zeitgenössischen pädagogischen Neurowissenschaften werden durch zahlreiche Forschungsergebnisse für verschiedene Altersgruppen gestützt, die belegen, dass die Individualisierung des didaktischen Ansatzes positive Auswirkungen auf Entwicklungs- und Verhaltensschwierigkeiten haben kann. Weitere Überlegungen und Forschungen müssen auch untersuchen, wie diese wissenschaftlichen Indikatoren zur Gestaltung des Lehrplans genutzt werden können, in dem Lehrmethoden und -strategien auf der Grundlage der Eigenschaften, Kompetenzen und Neigungen des Kindes ausgewählt werden. Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass für ein optimales Funktionieren der Gehirnfunktionen eine Vereinheitlichung der gleichzeitigen Bemühungen um die Entwicklung kognitiver, psychomotorischer und affektiver Fähigkeiten und Fertigkeiten erfolgen muss.