Resilienz als Bewältigungskompetenz im kindlichen Entwicklungsprozess

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Resilienz als Bewältigungskompetenz im kindlichen Entwicklungsprozess by Mind Map: Resilienz als Bewältigungskompetenz im kindlichen Entwicklungsprozess

1. Einflüsse, welche die gesunde Entwicklung eines Kindes beeinflussen können

1.1. Schutzfaktoren

1.1.1. = Bewältigungsressourcen

1.1.2. Einflüsse, durch deren Vorhandensein die Wahrscheinlichkeit einer gesunden Entwicklung erhöht und die Wahrscheinlichkeit psychischer Störungen gesenkt werden kann.

1.1.2.1. kindbezogen

1.1.2.1.1. genetisch determiniert; von Geburt an

1.1.2.1.2. später erworben durch Interaktion mit Umwelt

1.1.2.2. familiär

1.1.2.2.1. Bedeutung stabiler Bezugspersonen, die den Aufbau von Selbstvertrauen und das Streben nach Autonomie fördern

1.1.2.3. sozial

1.1.2.3.1. Engagement; anderen zu helfen, steigert die eigene Selbstwirksamkeit

1.1.2.3.2. Pädagog*innen in Bildungsinstitutionen

1.1.2.3.3. weitere soziale Umfeld

1.1.2.4. Wechselwirkung der Faktoren; multiple schützende Bedingungen

1.1.3. gesundheitswiss. Konzept der Salutogenese nach Aaron Antonovsky

1.2. Risikofaktoren

1.2.1. Einflüsse, welche die gesunde Entwicklung des Kindes beeinträchtigen können

1.2.2. Vulnerabilitätsfaktoren

1.2.2.1. vulnus (lat.)= Wunder; Verwundbarkeit bzw. Verletzbarkeit ggü. genetisch biologischen und umweltbezogenen Faktoren

1.2.2.2. primäre (Anlage) vs. sekundäre (Umwelt)

1.2.2.3. beziehen s. auf Defizite, Defekte und Schwächen

1.2.3. Stressoren

1.2.4. traumatische Erlebnisse

1.2.4.1. Grenzerfahrung;

1.3. Ansätze der Wirkungsweise von Schutz- und Risikofaktoren

1.3.1. Kompetenzansatz

1.3.1.1. Risikofaktoren bis zu einem gewissen Grad als Herausforderung; erfolgreiche Bewältigung kann die Kompetenz zur erfolgreichen Bewältigung von lebenstypischen negativen Einflüssen erhöhen

1.3.2. Kompensationsansatz

1.3.2.1. Schutz- und Risikofaktoren bedingen sich wechselseitig

2. Begriffsbestimmung Resilienz

2.1. American Psychological Association, APA: Resilience is the process of adapting well in the face of adversity, trauma, tragedy, threats, or even significant sources of stress - such as family and relationship problems, serious health problems, or workplace and financial stressors. It means "bouncing back" from difficult experiences.

2.2. etymologischer Ursprung

2.2.1. resilience (engl.)= Spannkraft, Elastizität, Strapazierfähigkeit

2.2.2. resilere (lat. )= abprallen

2.3. Physik/Werkstofftechnik: Stoff, der nach starker äußerlicher Einwirkung immer wieder in seine Ursprungsformat zurückfindet

2.4. Kompetenz, entwicklungsgefährdende Belastungen, Lebensumstände und Krisen im Laufe eines Menschenlebens positiv meistern zu können und nicht psychisch daran zu zerbrechen

2.4.1. R. ist nichts Statisches bzw. Gegebenes und nicht etwas, das man sich „antrainiert“ und für immer behält; dynamischer Prozess, Veränderungen unterlegen

2.4.2. R. als Ergebnis eines dynamischen Prozess, der sich in der Herausforderung entwickelt. (Kalisch, 2021)

2.4.2.1. z.B. durch Umzug oder Übergänge/Transitionen

2.4.3. Im Hinblick auf exo-,endo-, und autogene Faktoren der Entwicklung: Aktive und zentrale Rolle des Individuums beim Erlernen von Widerstandsfähigkeit

2.5. Resilienzfaktoren

2.5.1. Faktoren, die zur Bewältigung von aktuellen Krisen, Zerwürfnissen, Anforderungen benötigt werden und damit für die Förderung von Resilienz maßgeblich sind

3. Paradigmenwechsel vom traditionellen Blick auf Defizite zu einem kompetenz- bzw. ressourcenorientierten Ansatz

4. Förderung von Resilienz bei Kindern

4.1. Auf 3 Ebenen möglich

4.1.1. Förderung v. Problem- und Konfliktlösestrategien bei Kindern und Jugendlichen

4.1.2. Angebote der Eltern- und Familienbildung zur Steigerung der Erziehungskompetenz

4.1.3. Fort- und Weiterbildungsangebote f. pädagische Fachkräfte zur Steigerung d. Betreuungs- und Bildungsqualität (päd. Qualität) in Bildungseinrichtungen

4.2. Förderung von Resilienz bei Kindern und Jugendlichen in KiTa, Schule, Arbeitsplatz; Aufgabe von Bildung und Erziehung bzw. Förderung der Persönlichkeitsentwicklung

4.2.1. im Sinne der Förderung v. Resilienzfaktoren;Vermehrung d. Lebensbewältigungskompetenz

4.2.2. Integration in pädagogischen Alltag

4.3. Beispiele

4.3.1. Projekt „stark.stärker.wir“ (2011)

4.3.2. Kölner Schulprojekt „Amaro Kher“ zur Resilienzförderung mit geflüchteten Kindern (2013)

4.3.3. Materialien

4.3.3.1. „Resilienz im Alltag fördern Mutmachgeschichten und Praxisideen für starke Kinder“ (Kubitschek, 2016)

4.3.3.2. „Kinder stark machen. Resilienzförderung in der KiTa“ (Fthenakis, 2018)

4.3.3.3. „Stark wie ein Gorilla, mutig wie eine Löwin. Resilienz entwickeln und fördern in der KiTa - ein Praxisbuch“ (Kurt, 2019)

5. Diagnostik

5.1. Connor Davidson Resilience Scale (CD‐RISC)

5.2. Ego Resilience Scale

5.3. Resilience Scale for Adults (RSA)

5.4. BRS

5.5. unterscheiden sich in Anzahl der Items, Schwerpunktsetzung, Stichproben, Skalen und Auffassung von Resilienz

5.6. PERIK

5.6.1. positive Entwicklung und Resilienz im Kindergartenalltag

6. Bestandteile von Resilienz als Bewältigungskompetenz nach Fröhlich-Gildhoff/Rönnau-Böse (2020)

6.1. Selbst- und Fremdwahrnehmung

6.1.1. angemessene Selbsteinschätzung und Informationsverarbeitung (Gefühle und Gedanken)

6.2. Selbststeuerung

6.2.1. Regulation von Gefühlen und Erregung

6.3. Selbstwirksamkeit

6.3.1. Überzeugung, Anforderungen bewältigen zu können

6.4. Soziale Kompetenzen

6.4.1. Unterstützung holen, Selbstbehauptung, Konfliktlösung

6.5. Umgang mit Stress

6.5.1. Fähigkeit zur Realisierung vorhandener Kompetenzen in der Situation

6.6. Problemlösen

6.6.1. Strategien zum Umgang mit und zum Lösen von Problemen

7. Kritische Würdigung

7.1. komplexes, von Wissenschaftler*innen geschaffenes Konstrukt; nicht eindeutig messbar oder beobachtbar

7.2. Resilienz weder Allheilmittel noch Patentrezept oder Zauberwaffe (vgl. Hombach, 2021; Rönnau-Böse & Gildhoff (2020)

7.2.1. Die Eigenverantwortung des Individuums darf politisch nicht missinterpretiert

7.2.2. Politische Verantwortung zur Schaffung und Aufrechterhaltung förderlicher Rahmenbedingungen darf nicht auf das Individuum abgewälzt werden

7.2.3. Zynisch und anmaßend, von Menschen, die multiple Traumata erlebt haben, zu fordern, „einfach nur“ resilient zu sein

7.3. Grenzen der Resilienz(-Förderung)

7.3.1. „Resilienz entsteht erst im Bewältigungsprozess“ (Armutsforscherin M. Zander)

7.3.2. Ob jemand resilient ist, zeigt sich erst nach der Krise

7.4. Vielzahl von Selbsthilfe- und Resilienz-Ratgebern, die vieles versprechen; kritisch betrachten

7.5. Trotz Grenzen der Resilienz hilfreiches Konzept, das die Eigenaktivität des Individuums und seine Handlungsoptionen unterstreicht

8. fachwissenschaftliche Parallelen und Bezüge

8.1. Theorie der psychosozialen Persönlichkeitsentwicklung nach Erik H. Erikson

8.1.1. Bewältigung bestimmter Krisen bzw. Konflikte auf jeder Entwicklungsstufe; erfolgreiche bzw. -lose Bewältigung Auswirkungen auf kommende Krisenbewältigung

8.1.2. Bedeutung sozialer Einflüsse für Entwicklung

8.1.3. Extrempole: Bewältigung und Scheitern

8.2. Zusammenhang zwischen Bindung und Resilienz

8.2.1. Eine sichere Bindung führt i.d.R. auch zu einer hohen Resilienz (Greve/Leipold, 2012)

8.2.2. Bindungstheorie nach John Bowlby und Mary Ainsworth

8.3. Erziehungsstilforschung und pädagogische Beziehung (Tausch & Tausch)

8.4. sozio-emotionale Entwicklung

9. Resilienzforschung

9.1. Grundlegende Frage: „Warum schaffen es einige Menschen, mit Belastungen zurechtzukommen und warum zerbrechen einige daran?“

9.2. „Pionier“ der Resilienzforschung Viktor Frankl

9.2.1. jüdischer Psychiater und KZ-Überlebender

9.2.2. Autor des Buches „...trotzdem Ja zum Leben sagen“ (1946)

9.3. aktuelle weltweite Studie zu Resilienz und Corona

9.3.1. Leibniz Institut für Resilienzforschung (LIR) in Mainz u.a. in Kooperation mit der Charité Berlin

9.3.1.1. Erste Zwischenergebnisse bestätigen Zusammenhang zwischen psychischer Gesundheit und empfundener sozialer Unterstützung, Optimismus und Selbstwirksamkeitserwartung

9.3.2. Raffael Kalisch, Neurowissenschaftler und Geündungsmitglied des LIR

9.3.2.1. Positiv im Denken, Reden, Handeln

9.3.2.2. Positiver Bewertungsstil als Resilienzfaktor; positive appraisal System (PAS) zentral

9.4. Die Kauai-Studie

9.4.1. Erste und bekannteste Längsschnittstudie der US-Amerikanerinnen Emmy Werner und Ruth Smith zur Resilienz (noch vor Etablierung des Begriff)

9.4.2. Untersuchung des gesamten Geburtsjahrgangs 1956 der hawaiianischen Insel Kauai über 40 Jahre hinweg

9.4.2.1. Gesundheits- und Lebenssituation 700 Kinder, die trotz multipler Risikobedingungen zu kompetenten Erwachsenen heranwuchsen

9.4.3. erste Identifikation protektiver Faktoren (Resilienzfaktoren)

9.4.3.1. z.B. Familiärer Zusammenhalt, tragfähige Beziehungen, soziale Fähigkeiten, Selbstwirksamkeit

9.5. weitere Studien der Resilienzforschung

9.5.1. Mannheimer Risikokinderstudie

9.5.2. Bielefelder Invulnerabilitätsstudie